Zur rechtlichen Einordnung von Künstlerverträgen
Ein Künstler, der für mehrere Aufführungen gebucht wurde, kann bei vorzeitiger Kündigung durch den Auftraggeber auch die Vergütung für die nicht mehr stattfindenden Veranstaltungen verlangen.
Maßgeblich ist die Einordnung der Tätigkeit des Künstlers in einen rechtlich bestehenden Vertragstyp, sofern die Parteien nicht etwas anderes vereinbart haben. In Betracht kommen die Einordnung der Tätigkeit als Dienstvertrag nach § 611 BGB sowie die Einordnung als Werkvertrag nach § 631 BGB. Relevant wird diese Abgrenzung, da nur das Werkvertragsrecht in § 649 BGB den Anspruch auf Vergütung für die nicht mehr zu erbringende Leistung bei vorzeitiger Kündigung des Vertrags vorsieht. Eine entsprechende Vorschrift existiert im Dienstrecht aber nicht!
Verträge zwischen Veranstalter und Mitwirkenden, Einzelpersonen oder Ensembles sind dann als Werkverträge einzuordnen, wenn insgesamt eine bestimmte Wertschöpfung geschuldet ist, also beispielsweise eine Aufführung oder Vorführung, (vgl. OLG Karlsruhe, 16.05.1990 – 1 U 307/89, OLG München, 26.05.2004 – 7 U 3802/02; Palandt/Sprau, 74. Auflage 2015, Einführung § 631 BGB, Rn. 29). Dabei ist jedoch zu beachten, dass dem Künstler ein gewisser Gestaltungsspielraum verbleiben muss, dessen Ausfüllung der individuellen Schöpferkraft und des Schöpferwillens des Künstlers entspricht und somit Ausdruck seiner persönlichen Eigenart ist (vgl. BGH, Urteil vom 24.01.1956 – VI ZR 147/54). Insoweit ist unter Berücksichtigung eines jeden Einzelfalles zu bewerten, ob ein Werkvertrag vorliegt.
Es bleibt somit festzuhalten: Je selbständiger die Arbeit des beauftragten Künstlers erfolgt und je freier er in der inhaltlichen Programmgestaltung ist, desto eher liegt der Beauftragung ein Werkvertrag zugrunde.
Ist erst einmal die Hürde der Einordnung des Vertrages nach Werk- oder Dienstvertrag genommen, kann der Zahlungsanspruch geprüft werden. Bei einem Werkvertrag besteht der Honoraranspruch nach den Voraussetzungen des § 649 BGB. Nach der gesetzlichen Bestimmung muss sich jedoch der Anspruchsteller dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart hat, oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Nach der gesetzlichen Vermutung sind grundsätzlich fünf Prozent der Vergütung als ersparte Aufwendung anzusetzen.