Fahrlässiger Verzug der Mietzahlung, Vermieter kann erst nach Mahnung ordentlich kündigen
Gerät der Mieter mit der Mietzahlung lediglich fahrlässig in Verzug und besteht das Mietverhältnis langjährig unbeanstandet, kann der Vermieter erst nach erfolgter Mahnung ordentlich kündigen.
Landgericht Berlin, Beschl. v. 03.02.2017, Az. 67 S 395/16 – Amtsgericht Mitte, Urteil v. 28.10.2016, Az. 6 C 27/16
Der Mietvertrag wurde im Jahr 2001 geschlossen. Nachdem der Mieter die Miete für Januar 2016 bis April 2016 nicht gezahlt hatte, kündigte der Vermieter Anfang April den Mietvertrag fristlos wegen Zahlungsverzugs gemäß § 543 Abs. 1,2 BGB, hilfsweise fristgemäß. Der Mieter zahlte daraufhin die ausgebliebenen Mitzahlungen nach, sodass der Kündigungsgrund für die fristlose Kündigung gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB nachträglich entfallen ist. Die Parteien streiten nunmehr noch über die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung.
Das Landgericht Berlin hat in Übereinstimmung mit der Vorinstanz die ordentliche Kündigung als unbegründet und somit unwirksam angesehen.
Die Voraussetzungen der ordentlichen Kündigung bestimmen sich nach § 573 BGB. Danach kann der Vermieter nur ordentlich kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein berechtigtes Interesse liegt gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB dann vor, wenn der Mieter eine ihm obliegende nicht nur unerhebliche Pflicht aus dem Mietverhältnis schuldhaft verletzt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung jedenfalls dann vor, wenn der Mieter schuldhaft mit den Mietzahlungen mehr als zwei Monate im Verzug ist, da dieser Umstand sogar eine fristlose Kündigung rechtfertigen würde (BGH Urteil v. 28.11.2007 – VIII ZR 145/07; Urteil v. 11.01.2006 – VIII ZR 364/04; Urteil v. 25.10.2006 – VIII ZR 102/06).
Hier war der Mieter mit den Mietzahlungen für vier Monate in Verzug. Allerdings muss den Mieter aber auch ein Verschulden am Zahlungsverzug treffen. Abzustellen ist hierbei auf alle für die Kündigung relevanten Belange, also alle verhaltensbedingten Pflichtverletzungen des Mieters – aber auch die zu Gunsten des Mieters bestehenden Umstände; ferner sind die Dauer des Mietverhältnisses und auch der etwaige Ausgleich der Mietschulden durch den Mieter zu berücksichtigen; schließlich auch, ob der Mieter vor dem Ausspruch der Kündigung vom Vermieter über den Zahlungsverzug in Kenntnis gesetzt und unter Androhung der Kündigung zur Zahlung aufgefordert und abgemahnt worden war.
Im vorliegenden Fall sind die Gerichte unter Berücksichtigung der oben genannten Kriterien zum Ergebnis gelangt, dass das Mietverhältnis nicht beendet wurde, da die Kündigung im vorliegenden Fall ohne vorherige Abmahnung nicht wirksam sei. Gerade die lange Dauer – 15 Jahre –, über die das Mietverhältnis beanstandungsfrei geführt wurde, hat den Ausschlag dafür gegeben, dass der Vermieter wenigstens vor der Kündigung die offene Miete hätte anmahnen müssen, um dem Mieter Gelegenheit zu geben, die Forderung zu begleichen.
Unser Tipp: Vor Kündigung eines lange und weitestgehend unbeanstandeten Mietverhältnisses sollte eine ordnungsgemäße Abmahnung an den Mieter ausgesprochen werden, die das pflichtwidrige Verhalten offenlegt, die richtige Verhaltensweise des Mieters zu der konkreten Beanstandung darlegt und die möglichen Auswirkungen der Pflichtverletzung (Androhung der Kündigung) erkennen lässt.