Ein vergilbter Weißanstrich kann mangelhaft sein
Ist ein Weißanstrich beauftragt worden und haben der Auftraggeber und der Maler bei Vertragsschluss nicht über einer mögliche Vergilbung gesprochen und verfügt der Auftraggeber nicht über besondere Kenntnisse bezüglich der eingesetzten Farben, muss er sich nicht damit abfinden, dass der Weißanstrich innerhalb eines Jahres nicht nur unwesentlich vergilbt.
Bundesgerichtshof Urteil vom 31.08.2017, Az.: VII ZR 5/17
Der Auftraggeber beabsichtigte den Innenanstrich seiner Bäckerei erneuern zu lassen. Zu diesem Zweck wurde der spätere Kläger beauftragt. Dieser legte zunächst eine Probefläche in der Bäckerei an, die nach dem Abtrocknen schneeweiß war. Die Farbe wurde dann vom Auftraggeber ausgewählt und sollte auch für die übrigen Räume verwendet werden. Der Kläger begann kurz darauf mit dem Malerarbeiten. Nachdem es zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien kam, wurde der Vertrag vor Beendigung aller Arbeiten einvernehmlich aufgehoben. Der Kläger begehrt nun vom Auftraggeber Zahlung des Werklohnes für die bereits gestrichenen Wände. Der Auftraggeber verweigert die Zahlung, da die ehemals weißen Wände innerhalb sehr kurzer Zeit stark vergilbt waren.
Das Oberlandesgericht hat der Zahlungsklage dem Grunde nach entsprochen. Die hiergegen gerichtete Revision zum Bundesgerichtshof hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass das Oberlandesgericht keine hinreichenden Feststellungen zur Beschaffenheitsvereinbarung des Wandanstriches getroffen hat. Die Sache wurde daher zur erneuten Verhandlung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Es stellt sich im vorliegenden Fall die Frage, ob ein Mangel der Werkleistung, also des Weißanstriches, vorliegt. Erster Anknüpfungspunkt für einen Mangel ist immer eine Vereinbarung der Parteien über die Beschaffenheit des Werkes. Weicht das Werk also von einer vereinbarten Beschaffenheit ab, liegt grundsätzlich auch ein Mangel vor. Eine Beschaffenheitsvereinbarung kann ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten (konkludent) erfolgen.
Der Bundesgerichtshof hält für den vorliegenden Fall eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung jedenfalls für möglich, wenn zunächst eine Probefläche für einen bestimmten Farbton angelegt wird und aufgrund dieser Probe eine Entscheidung über die Farbwahl getroffen wird. Auch der konkrete Farbton kann von einer Beschaffenheitsvereinbarung umfasst werden. Somit war zu klären, ob sich die Parteien über den Farbton im Sinne einer Beschaffenheitsvereinbarung geeinigt haben. Da die Auslegung von Willenserklärungen aber grundsätzlich durch den Tatrichter zu erfolgen hat, war der Rechtsstreit an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
Sollte die Auslegung durch das Oberlandesgericht ergeben, dass eine Beschaffenheitsvereinbarung über den Farbton vorlag, wäre nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes auch ein Mangel anzunehmen. Der Auftraggeber kann erwarten, dass eine anfangs schneeweiße Farbe nicht innerhalb weniger Monate vergilbe, sofern er keine besonderen Vorkenntnisse bezüglich der verwendeten Farbtypen hat und deshalb mit einer raschen Farbveränderung rechnen müsste.