Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung steuerlich absetzbar
Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (FamRB 9/2011, S. 280) können Zivilprozesskosten zukünftig, unabhängig vom Gegenstand des Prozesses, als außergewöhnliche Belastungen von der Steuer abgesetzt werden. Voraussetzung ist lediglich, dass der Prozess hinreichende Aussicht auf Erfolg bot und nicht mutwillig betrieben wurde.
Bisher wurden Prozesskosten für Zivilprozesse nur in Ausnahmefällen als außergewöhnliche Belastungen bei der Einkommensteuer berücksichtigt. In dem besagten Verfahren hatte jemand versucht, Krankentagegeld gegenüber seiner privaten Krankenversicherung durchzusetzen und verloren. Die Kosten des Prozesses beliefen sich auf fast 10.000,00 €. Unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung war der Bundesfinanzhof der Meinung, der Bürger sei wegen des Gewaltmonopols des Staates gezwungen, zur Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen staatliche Gerichte zu bemühen. Das Führen eines Zivilprozesses sei also nicht freiwillig. Aus diesem Grund seien die daraus erwachsenen Kosten unabhängig vom Klagegegenstand zwangsläufig außergewöhnliche Belastungen. Das gelte nur dann nicht, wenn sich jemand mutwillig oder leichtfertig auf einen Prozess einlässt. Weiterhin müssen sich die Betroffenen von der Rechtsschutzversicherung erhaltene Leistungen natürlich als Vorteil anrechnen lassen.
Da der Bundesfinanzhof klargestellt hat, dass es auf den Gegenstand des Prozesses nicht ankommt, können somit zukünftig auch z. B. die Kosten eines Scheidungsverfahrens steuerlich abgesetzt werden. Außergewöhnliche Belastungen wirken sich jedoch nur dann steuermindernd aus, wenn sie über der sogenannten zumutbaren Eigenbelastung liegen. Diese liegt zwischen 1 und 7 % der Einkünfte und berechnet sich nach § 33 Abs. 3 EStG. Die Eigenbelastung wird jährlich berechnet. Daher empfiehlt es sich, Prozess- oder Verfahrenskosten im selben Kalenderjahr zu bezahlen. Splittet man die Zahlung auf und leistet den einen Teil am Ende des einen, den anderen Teil am Anfang des anderen Jahres, kann es sein, dass die Zahlung dann nicht mehr außergewöhnliche Belastung anerkennungsfähig ist, weil sie die genannte Grenze nicht erreicht.