Sorgerechtsentziehung und Fremdunterbringung bei Umgangsvereitelung
Wenn sich Eltern im Streit trennen, und das oder die gemeinsamen Kinder bei einem Elternteil bleiben, so hat der andere Elternteil regelmäßig und selbstverständlich ein Umgangsrecht. Leider kommt es häufig vor, dass der andere Elternteil dieses Umgangsrecht zum Schaden der Kinder aus egoistischen Motiven verweigert. Ein solches Umgangsrecht dann durchzusetzen, stößt in der juristischen Praxis leider oft auf erhebliche Schwierigkeiten. In einem nun vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall (in FamRB 2/2012, Seite 42) hatte die Mutter, die auch das alleinige Sorgerecht für das Kind hatte, dem Vater den Umgang verwehrt, obwohl das Familiengericht sie dazu verpflichtet und sogar schon gegen sie ein Ordnungsgeld verhängt hatte. Dem Kind hat sie massive Vorwürfe wegen seines Wunsches gemacht, auch Kontakt zu seinem Vater haben zu dürfen. Das Amtsgericht sah in dem Verhalten der Mutter eine Kindeswohlgefährdung und entzog ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht und brachte das Kind in einem Heim der Jugendhilfe unter, wo regelmäßige Kontakte zum Vater sichergestellt werden sollten.
Der Bundesgerichtshof hob diese Entscheidung auf. Er stellte fest, dass es zwar grundsätzlich möglich sei, der Mutter bei einer Gefährdung des Kindes das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu entziehen, war jedoch der Meinung, dass im vorliegenden Fall für die Heimunterbringung des Kindes die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt wäre. Die Heimunterbringung stelle einen besonders schwerwiegenden Eingriff dar, der nur gerechtfertigt wäre, wenn kein milderes Mittel zur Verfügung gestanden hätte, um die Umgangskontakte durchsetzen zu können. Als milderes Mittel wäre hier zunächst die Einrichtung einer Umgangspflegschaft in Frage gekommen, also eines Beauftragten des Jugendamtes, der das Kind bei der Mutter abholt und sicherstellt, dass es Kontakt zum Vater bekommt.
Der Bundesgerichtshof errichtet in dieser Entscheidung sehr hohe Hürden in Bezug auf eine Entziehung des Sorgerechts oder des Aufenthaltsbestimmungsrechts, um den Umgang durchzusetzen. Er gerät damit in Konflikt mit der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, das gefordert hatte, das gerichtliche Verfahren um das Umgangsrecht dem kindlichen Zeitempfinden anzupassen sind, damit der Gefahr einer Entfremdung zwischen Kind und umgangsberechtigten Elternteil und der Schaffung vollendeter Tatsachen durch den umgangsverweigernden Elternteil vorzubeugen ist (Bundesverfassungsgericht vom 24.07.2008, 1 BVR 574/06, FamRZ 2008, 2258).